China setzt im Kampf gegen COVID-19 verstärkt auf Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), was international auf Skepsis stößt. Während die Regierung die Wirksamkeit von Kräuterheilmitteln wie Lianhua Qingwen propagiert, warnen Wissenschaftler vor einem falschen Sicherheitsgefühl und mangelnder Evidenz. Die Förderung der TCM wird auch als politisches Instrument zur Stärkung des nationalen Ansehens gesehen.
Kernpunkte
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China fördert aktiv die Anwendung von Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) zur Behandlung und Prävention von COVID-19.
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Besonders das Mittel Lianhua Qingwen steht im Fokus, wird aber von vielen internationalen Wissenschaftlern kritisiert.
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Es gibt Bedenken hinsichtlich der wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit und Sicherheit von TCM-Präparaten.
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Die Förderung der TCM wird teilweise als politisches Manöver und «Soft Power»-Strategie Chinas interpretiert.
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In China selbst gibt es zunehmend kritische Stimmen und Debatten über die Rolle der TCM in der Pandemiebekämpfung.
Chinas offizielle Linie
Die chinesische Regierung hat die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) zu einem integralen Bestandteil ihrer COVID-19-Strategie gemacht. Offizielle Stellen berichten, dass ein Großteil der Infizierten TCM-Präparate zur Linderung der Symptome, zur Reduzierung der Schwere der Erkrankung und zur Verbesserung der Genesungsraten erhalten habe. Insbesondere das pflanzliche Mittel Lianhua Qingwen, das aus 13 Kräutern besteht und ursprünglich zur Behandlung von SARS entwickelt wurde, wird prominent beworben und sogar in Notfallpaketen verteilt.
Wissenschaftliche Bedenken und Kritik
Internationale Mediziner und Wissenschaftler äussern jedoch erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und Sicherheit von TCM-Behandlungen gegen COVID-19. Kritiker bemängeln, dass es an robusten, wissenschaftlichen Studien mit ausreichenden Stichprobengrössen fehle, um die behaupteten Effekte zu belegen. Dr. Edzard Ernst, emeritierter Professor für Komplementärmedizin, warnt, dass TCM-Mischungen toxisch, kontaminiert oder mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verunreinigt sein könnten und Wechselwirkungen mit westlichen Medikamenten aufweisen. Zudem bestehe die Gefahr, dass Patienten ein falsches Sicherheitsgefühl entwickeln und notwendige, wissenschaftlich fundierte Behandlungen vernachlässigen.
Politische Dimension und «Soft Power»
Experten sehen in der aggressiven Promotion der TCM durch China auch eine politische Komponente. Die Betonung traditioneller Heilmethoden diene dazu, die Überlegenheit des chinesischen Ansatzes zur Pandemiebekämpfung hervorzuheben, insbesondere in Zeiten, in denen westliche Ansätze weltweit an ihre Grenzen stoßen. Die internationale Verbreitung von TCM-Produkten und -Praktiken wird als Versuch gewertet, den globalen Einfluss Chinas zu stärken – eine sogenannte «Soft Power»-Strategie. Kritiker weisen darauf hin, dass die internationale Anerkennung der TCM, auch durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), oft das Ergebnis intensiven Lobbyings durch China sei.
Interne Debatten und Gegenwind
Auch innerhalb Chinas wächst die Kritik an der staatlichen Förderung der TCM. Soziale Medien sind Schauplatz von Online-Attacken gegen Skeptiker, die die Wirksamkeit von Mitteln wie Lianhua Qingwen in Frage stellen. Dennoch gibt es auch prominente Stimmen, die auf die mangelnde wissenschaftliche Grundlage hinweisen und eine Überprüfung der Hersteller fordern. Die Debatte um Lianhua Qingwen hat in China zu einem Kursverfall der Aktien des Herstellers Yiling Pharmaceutical geführt. Einige Bürger berichten zudem, dass sie während Lockdowns eher auf die Verteilung von Lianhua Qingwen als auf die Beschaffung von Lebensmitteln angewiesen seien, und dass die Mittel als Ersatz für Impfungen betrachtet werden könnten, was die Impfquoten, insbesondere bei älteren Menschen, beeinträchtigen könnte.
Kontroversen und zukünftige Perspektiven
Die TCM steht auch wegen ihrer Verknüpfung mit dem Handel von Wildtieren in der Kritik. Die Empfehlung von Produkten, die Bären- oder Pangolinbestandteile enthalten, hat Umweltschützer alarmiert. Um weltweit Akzeptanz zu finden, müsse die TCM auf wissenschaftlichen Beweisen basieren und nicht auf Propaganda, so Dr. Lixing Lao von der Universität Hongkong. Die Zukunft der TCM im globalen Gesundheitswesen hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, die Wirksamkeit und Sicherheit durch rigorose klinische Studien nachzuweisen und damit das Vertrauen der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft zu gewinnen.
Quellen
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China is promoting coronavirus treatments based on unproven traditional medicines, Nature.
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Sceptics of China’s TCM Covid-19 remedy Lianhua Qingwen face online attacks, South China Morning Post.
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China is encouraging herbal remedies to treat COVID-19. But scientists warn against it., NBC News.
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Covid-19: China pushes traditional remedies amid outbreak, BBC.
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China pushes traditional Chinese medicine as COVID cure, subverting vaccines, Fortune.



