Epididymitis – also eine Entzündung des Nebenhodens – kann sehr schmerzhaft und unangenehm sein. Gerade weil die Beschwerden sowohl Kinder als auch Erwachsene treffen können, möchte ich aus meiner langjährigen Praxis ein paar Erfahrungen und Tipps zur Behandlung mit Akupunktur teilen.
Wichtigste Erkenntnisse
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Epididymitis verursacht Schwellung und Schmerzen am Hoden
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Die Entzündung betrifft das Bindegewebe um den Hoden, nicht das Organ selbst
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Die Leber-Leitbahn steht laut TCM im Mittelpunkt, nicht der Nieren-Meridian
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Die richtige Punktwahl und Strategie sind entscheidend für den Behandlungserfolg
Was ist Epididymitis und wie erkenne ich sie?
Bei der Epididymitis entzündet sich der Nebenhoden, eine kleine Struktur an der Seite des Hodens. Typisch sind Schmerzen und eine deutliche Schwellung. Gerade bei akuten Schmerzen ist es wirklich wichtig, eine gefährlichere Ursache auszuschliessen: die Hodentorsion. Dabei dreht sich der Hoden und verliert seine Blutversorgung – das ist ein Notfall und gehört sofort ins Krankenhaus!
Die TCM-Diagnose: Die richtige Leitbahn finden
Nachdem eine akute Torsion ausgeschlossen ist, kommt TCM ins Spiel. Viele denken, dass beim Hoden meist der Nieren-Meridian im Fokus steht. Das stimmt auch, wenn es z. B. um Fruchtbarkeitsprobleme oder Libido geht. Bei der Epididymitis allerdings ist die Leber-Leitbahn entscheidend, denn sie umschliesst den Genitalbereich. Die Gallenblasen-Leitbahn ist ebenfalls beteiligt, aber nicht so zentral.
Wie gehe ich therapeutisch vor?
Fokus auf Qi-Stagnation und Feuchtigkeit
Die Entzündung entsteht laut TCM durch Stagnation und Feuchtigkeit:
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Dampfeinlagerungen (Feuchtigkeit) führen dazu, dass das Qi nicht mehr frei fliessen kann.
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Qi-Stau erzeugt wiederum Hitze und Schmerzen.
Strategie nach den 8 Leitkriterien
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Innen (Hoden liegen im Körper)
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Fülle (starke Schmerzen, Schwellung)
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Hitze (Entzündung)
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Überwiegend Yin, weil die Beschwerden im unteren Körperbereich dominieren
Welche Punkte eignen sich besonders?
In der Praxis hat sich folgende Kombination bewährt:
Meridian |
Punkt |
Wirkung |
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Leber |
Le 3 (Taichong) |
Qi bewegen, Schmerzen lösen |
Leber |
Le 4 |
Überschuss dämpfen |
Gallenblase |
Gb 37 |
Ergänzend, da Verlauf um Genitalien |
Milz |
MP 6 und MP 9 |
Feuchte ausleiten |
Sanjiao |
SJ 1 oder Spezialpunkt Quan Chao 11.06 |
Hitze/Feuchte ausleiten, sehr wirksam bei Schwellung |
Dickdarm |
Di 4 |
Schmerz, Stagnation lösen |
Die Wahl des Hauptpunktes hängt immer vom aktuellen Zustand und dem Leitbahnen-Verlauf ab. Zum Beispiel ist Le 3 ein sogenannter Quellpunkt und hilft sowohl bei Fülle- als auch bei Mangelzuständen der Leber-Leitbahn.
Punktkombinationen nach Bedarf
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He-Punkte (Wasserpunkte): Gut zur Ableitung von Feuchte
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Metall-Punkte: Lösen Qi-Stagnation
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Erd-Punkte: Helfen, zu harmonisieren
Spezielle Techniken wie das gezielte Setzen von Nadeln auf der gegenüberliegenden Körperseite – zur Steuerung des Energieflusses – können die Wirkung verbessern. Das ist besonders hilfreich bei seitlichen Beschwerden.
Der Ablauf einer Behandlung
Aus meiner Praxis hat sich eine bestimmte Reihenfolge und Auswahl der Nadeln bewährt:
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Den Leitbahnenstrom im Körper ermitteln (z. B. Spleen-Zeit/Milzzeit nach der Organuhr)
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Aktivierung des jeweiligen Quellpunktes (z. B. MP 3 bei Milz-Zeit)
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Feuchtigkeitspunkte und Schmerzlinderungspunkte (Le 3, Gb 37, SJ 1)
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Abschluss mit kraftvollen Fernpunkten wie Di 4, die für starke Bewegung sorgen
Gelegentlich kann das «Bluten» von MP 6 hilfreich sein, wenn man sichtbare gestaut-bläuliche Gefässe sieht.
Meine Tipps für Patienten
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Immer zuerst eine gefährliche Hodentorsion ausschliessen!
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Bei Epididymitis auf die Leberleitbahn fokussieren, ergänzt durch Milz/Gallenblase
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Punkte sinnvoll kombinieren, um sowohl Stau als auch Feuchtigkeit zu bekämpfen
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Geduld und eine Serie von Behandlungen sind oft notwendig
Akupunktur kann den Heilungsverlauf sehr deutlich beschleunigen und Schmerzen lindern. Wichtig ist eine abgestimmte Therapie – jeder Mensch ist anders, und das berücksichtige ich auch nach mehr als 20 Jahren immer wieder neu.
Fazit: Viel Erfahrung, klare Strategie
Mit der richtigen Akupunkturstrategie lassen sich die Beschwerden bei Epididymitis fast immer gut in den Griff bekommen. Wichtig: Eine genaue Diagnose und die Bereitschaft, den Ansatz individuell zu wählen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Mit Akupunktur werden viele dieser Patienten schneller wieder beschwerdefrei.